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Kärnten: Pöckstein-Zwischenwässern

Das Schloss Pöckstein-Zwischenwässern

 

Kärnten

Der Garten von Schloss Pöckstein-Zwischenwässern

 

Am Beginn des Kärntner Gurktales liegt an der Mündung der Metnitz in die Gurk - "zwischen den Wässern" - das Schloss Pöckstein-Zwischenwässern. Wenn auch nur mehr in Teilen erhalten, zählt die formale Gartenanlage des frühklassizistischen Schlosses zu den bedeutendsten Gartendenkmälern Kärntens. An der Stelle des heutigen Schlosses ließ 1606 der damalige Besitzer Christoph Gschwind ein Herrenhaus errichten. Im Zuge der Gegenreformation gelangte das Anwesen 1616 in den Besitz des Bistums Gurk.

Im Jahr 1773 wurde Joseph Franz Anton Graf von Auersperg (1734-1795) als Bischof von Gurk inthronisiert. Im Jahr darauf beauftragte Auersperg den Salzburger Architekten Wolfgang Hagenauer (1726-1801) mit Planungen zum Ausbau von Pöckstein, die in der Folge sein jüngerer Bruder Johann Georg (1748-1835) übernehmen, verändern und auch ausführen sollte. Wolfgang und Johann Georg Hagenauer waren, ebenso wie ihr als Bildhauer tätiger Bruder  Johann Baptist, bereits für Auerspergs Förderer, den Salzburger Fürsterzbischof  Sigismund Graf von Schrattenbach tätig gewesen.

Die genaue Planungsgeschichte der Schloss- und Gartenanlage von Pöckstein-Zwischenwässern ist nicht gänzlich geklärt, doch erlauben die von Wolfgang Hagenauer erhaltenen und signierten Pläne, ein von Johann Georg gezeichneter Entwurf und die erhaltenen Bauakten einen Einblick in die Entstehungsgeschichte dieser bedeutenden frühklassizistischen Anlage.

Zunächst dürfte der Bischof noch keinen Um- oder Neubau des bestehenden Renaissancebaues des Herrenhauses, sondern nur die Anlage eines "neu anzulegende komende Garten" beabsichtigt haben.

Recht rasch dürfte sich Joseph Franz Anton von Auersperg jedoch zum Abbruch des alten Herrenhauses und der angebauten Mühle und zum Neubau einer repräsentativen Schloss- und Gartenanlage entschlossen haben. Für diesen zog der Bischof zunächst den Baudirektor seines verstorbenen Förderers, des Salzburger Fürsterzbischofs Schrattenbach, heran. Wolfgang Hagenauer verfertigte für Auersperg 1775 zwei Gesamtentwürfe für die Neuanlage des Schlosses und der Gärten sowie drei Gesamt- und Detailpläne des Schlossgebäudes. Hagenhauer plante ein dreigeschoßiges Schloss mit mächtigem Mansarddach, dem südseitig, zur Gurk hin, ein längsrechteckiger Ehrenhof  mit flankierenden Vorgebäuden vorgelagert werden sollte.

Im ersten Gesamtentwurf war nordseitig vom Schloss noch kein Lustgarten geplant. Wohl aber zeigt er westlich des Schlosskomplexes einen von diesem durch die ehemalige Triester Reichsstraße, der heutigen Friesacher Straße, getrennten großen Nutzgarten. In seiner Südhälfte ist ein polygonales, im Grundriss halbkreisförmig anmutendes Gebäude dargestellt, das im späteren Gesamtentwurf als "Neu erbaudes Glashaus" bezeichnet wird. Nördlich schließt an diesen Bereich der regelmäßig gestaltete Nutzgarten an.

1775 zeichnete Wolfgang Hagenauer einen zweiten Gesamtentwurf, der die Schlossanlage in gleicher Form wie im ersten Entwurf und den Nutzgarten mit zusätzlichen Beeten zeigt, aber nun nördlich des Schlosses einen Lustgarten dargestellt. Er sollte aus einem dem Schloss vorgelagerten Parterre mit zwei langgestreckten Rasenparterrefeldern bestehen, das auf drei Seiten von Alleen gefasst werden und mit einem Brunnenbecken abgeschlossen werden sollte. An dieses sollte sich eine reich gestaltete Boskettzone anschließen. Anschließend an die Boskettzone sollte noch eine Allee entlang der Metnitz bis zu einem Lustwäldel mit einem kleinen Sommerhaus führen. Von Wolfgang Hagenauers Entwurf kam jedoch nur der ostseitige Nutzgarten mit dem neuen Glashaus zur Ausführung.

 Nach einer dreijährigen Planungspause lieferte sein jüngerer Bruder Johann Georg 1778 einen Alternativentwurf für das Schloss und den Lustgarten. Warum Auersperg den Planer wechselte, ist nicht überliefert. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass Wolfgang Hagenauer, der in Salzburg geblieben war, dem Bischof seinen jüngsten Bruder als persönlichen Architekten empfohlen hat. Johann Georg Hagenauer blieb ab diesem Zeitpunkt jedenfalls an der Seite Auerspergs.

Johann Georg Hagenauers entsprach offenbar den Wünschen des Bauherrn und wurde umgehend umgesetzt. Zwischen 1778 und 1782 wurde das Schloss als mächtiger viergeschoßiger Block auf fast quadratischem Grundriss errichtet. Aus dem Entwurf seines Bruders übernahm Johann Georg nur das wuchtige Mansarddach, auf das er jedoch zusätzlich noch ein Geschoß in Form eines polygonalen Tambouraufbaus setzte, dessen Dachkuppel wiederum von einer Laterne mit Zwiebeldach bekrönt wird und den beeindruckenden Bau noch markanter erscheinen lässt.

Johann Georg verzichtete auch auf die Vorgebäude und verlegte den Ehrenhof von der Süd- auf die Nordseite, sodass dieser nun dem Lustgarten vorgelagert war. Die zum Nutzgarten orientierte Schlossseite erhielt eine über die ganze Breite des Baues reichende Terrasse, die die Betrachtung des Nutzgartens jenseits der Straße mit der zum Schloss orientierten Schaufront des neuen Glashauses ermöglichte. Auch dem Tambouraufbau war gartenseitig eine heute durch ein Flachdach überdeckte Aussichtsdachterrasse vorgelagert, die einen ausgezeichneten Blick auf den Garten und die umgebende Flusslandschaft ermöglichte. Die zum Zusammenfluss von Metnitz und Gurk gerichtete Westseite des Schlosses erhielt an ihren Seiten ebenfalls zwei kleine Pavillonvorbauten mit Terrassen.

Der äußere wie innere Architekturdekor trug wie schon in den Entwürfen seines Bruders deutlich frühklassizistische Züge. Die ungewöhnliche Bauform veranlasste den mit Bischof Auersperg gut bekannten Kaiser Joseph II. zu dem ironischen, aber nicht gänzlich ungerechtfertigten Kommentar, es sähe einem "Kanarien-Vogelhäusel" ähnlich. Sie machte das Schloss aber zu einem der bedeutendsten frühklassizistischen Baudenkmäler Österreichs. Auch die reichen Innendekorationen, an deren skulpturaler Ausstattung der ältere Bruder Johann Baptist mitbeteiligt war, gehören zu den hochwertigsten und qualitätsvollsten der Zeit und machen den Raumausstattungen der kaiserlichen Residenzen Konkurrenz.

Verschiedene Räume in allen Geschoßen waren der im 18. Jahrhundert besonders beliebten Exotismus-Mode entsprechend als chinesische, indianische und türkische Zimmer gestaltet, von denen noch einige erhalten sind. Besonders bemerkenswert sind die in besonderer Vielfältigkeit verwirklichten Bezüge zu den Gartenräumen. Sie zeigen sich in Form illusionistischer freskaler Raumdekorationen mit exotischen tropischen Landschaften von Franz Wagner, wandfüllenden Gemälden von Landschaftsszenerien, Supraporten und Wandpanelen mit Pflanzendarstellungen und Gartengerätschaften.

Wie beim Schlossbau änderte Johann Georg auch beim Lustgarten das Konzept seines Bruders. Durch die Verlegung des Ehrenhofes auf die Gartenseite durchbrach er die klassische barocke Konzeption und knüpfte an Villenformen der italienischen Hochrenaissance an, die das Schloss als "villa suburbana" antiker Tradition erscheinen lassen.

 

 

Die Kegelbahn

Auch im Entwurf des Gartens kehrte er den barocken Kanon um, indem er entlang der zentralen Gartenachse an den Ehrenhof zuerst eine Boskettzone anschließen lässt. Dieses vierteilige Boskett umschließt ein vertieftes rundes Rasenfeld mit trichterförmigen Rasenböschungen. Erst im Anschluss an dieses Boskett folgt das Parterre, das Johann Georg Hagenauer als Rasenparterre gestaltete. An das Parterre schließt wieder eine vierteilige Boskettzone an, deren Mittelpunkt ein Springbrunnen in der zentralen Gartenachse bildet. Alle vier Boskettteile zeigen unterschiedliche, aufwendig gestaltete Kabinette. Der aufgrund des asymmetrischen Gartengrundrisses größte Boskettteil im Nordosten ist als labyrinthartiges Heckenkabinett dargestellt. Als Abschluss der zentralen Gartenachse findet sich ein auf einer Terrasse stehender oktogonaler Gartenpavillon. Das Parterre und die Boskette werden von Alleen begleitet. Seitlich dieser Alleen befinden sich weitere Boskettbereiche. Auf der Seite der Metnitz enthält das Boskettquartier eine Kegelbahn mit Pavillon, auf der Seite der Triester Reichsstraße unterschiedlich gestaltete Kabinette mit Rasenspiegeln. Das Lustwäldel im Norden und die zu ihm führende Allee übernahm Johann Georg aus dem Entwurf seines Bruders, ebenso wie die Gestaltung des Küchengartens, den er deshalb nur im Umriss darstellt.

Über die tatsächliche Ausführung der Gartenanlagen geben Archivalien und eine aquarellierte Tuschzeichnung des französischen Begleiters von Bischof Auersperg, M. Joseph de Reinfröde Auskunft.

Eine Abrechnung Johann Georg Hagenauers vom 3. November 1783 über die zwei neuerbauten Gärten in Pöckstein belegt, dass er neben dem Schlossbau auch die beiden Gärten angelegt und 1783 fertiggestellt hat. Im gleichen Jahr dürfte die Tuschzeichnung Reinfrödes entstanden sein, da sie noch das Wappen Auerspergs zeigt, der noch in diesem Jahr Pöckstein verließ, da er nach Passau berufen wurde. Sie zeigt den Lustgarten in exakt der Form, in der ihn Johann Georg entworfen hatte. Lediglich im vertieften Rasenfeld im vorderen Boskett zeigt Reinfröde noch zusätzlich ein Wasserbecken.

Reinfröde zeigt auch den Nutzgarten östlich der Reichsstraße, der in seiner Ausführung der von Johann Georg übernommenen Planung Wolfgang Hagenauers entspricht.

Reinfröde stellt auch das große neue polygonale Glashaus dar, das auch in einer um 1800 entstandenen Ansicht Pöcksteins von Franz Ferdinand Runk gut zu erkennen ist. Das Gebäude bestand aus einem parallel zur Süd-Ost-Seite des Schlosses stehenden dreiachsigen Mittelbau, an den beidseits jeweils zuerst ein zwei- und an diesen wiederum ein dreiachsiger Gebäudeteil anschloss. Jeder dieser Gebäudeteile war zu dem, an den er anschloss, jeweils zum Schloss hin konkav verschwenkt. Dadurch entstand ein polygonaler, fünfteiliger Baukörper, der im Grundriss einen Halbkreis umschrieb und dadurch auf der zum Schloss orientierten Seite einen kleinen Hof bildete, dessen Mittelpunkt ein Brunnenbecken zierte. Den Mittelrisalit beschrieb Hans Pfann 1925 als durchgehend freskierte Sala terrena. Die flachgewölbte Decke war mit Blumensträußen, die Wände mit Landschaftsdarstellungen geschmückt.

 Die beiden nördlich an den Mittelbau anschließenden Bauteile beherbergten die Gärtnerwohnung. Die beiden südlich anschließenden bildeten das Glashaus. Die rückseitigen nach Süden bzw. Südosten gerichtet Außenwände des Glashauses waren, entsprechend der typischen Bauform des barocken Glashauses, als geneigte Glasfensterfronten ausgebildet.

Das "Neue Glashaus" entsprach dem Typus des repräsentativen halbkreisförmigen Orangeriegebäudes mit zentralem Orangeriesalon, wie es in mehreren Beispielen in den Niederlanden und Deutschland verwirklicht worden war. Im österreichischen Raum fehlt dieser Bautypus jedoch vollständig. Das Pöcksteiner "Glashaus" war damit das einzige dokumentierte Beispiel dieser Orangerieform in Österreich, das jedoch im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. An seiner Stelle befindet sich heute, wie auch auf der restlichen Fläche des ehemaligen Nutzgartens, nur mehr eine Wiesenfläche.

 Das Schicksal des Lustgartens verlief nicht ganz so dramatisch: Bereits im Jahr der  Fertigstellung der Anlage wurde Joseph Franz Anton von Auersperg als neuer Fürsterzbischof nach Passau berufen und verließ Kärnten. Auch Johann Georg Hagenauer folgte ihm und errichtete für ihn in der Folge unter anderem die Schloss- und Gartenanlage Freudenhain in Passau.

Mit der Schloss- und Gartenanlage von Schloss Pöckstein hatte Johann Georg Hagenauer jedoch bereist sein Meisterstück fertiggestellt. Er folgte der barocken Tradition der Verschmelzung von Schloss- und Gartenraum, wobei er die zeitgenössische Mode der Einbindung der Gartenlandschaft in die Räume des Schlosses durch freskale Garten- und Landschaftsdarstellung in umfassender Weise nutzte. Aufbauend auf dem Erstentwurf seinen Bruders Wolfgang, aber diesen in wesentlichen Punkten umgestaltend, spielte er geschickt mit der tradierten Abfolge von Gartenräumen und transformierte damit die überkommenen Gartengestaltungsformen, ohne sie zu verlassen. Dem fürsterzbischöflichen Repräsentationsanspruch kam eine in den traditionellen Formen des geometrisch-architektonischen Gartens gehaltene Gartenanlage, wie sie im barocken und etwas verspielteren Rokokogarten zum Ausdruck kamen, mehr entgegen als der sich nun bereits langsam auch in Österreich ausbreitende englische Landschaftsgarten. Demgemäß beschränkte sich Johann Georg Hagenauer auf das Gestaltungsrepertoire des Barock- und Rokokogartens, nutzte aber dessen Gestaltungsvariationen, um bei relativ geringer Gartengröße vielgestaltige und abwechslungsreiche Gartenräume zu schaffen. Dadurch und durch die teilweise Umkehrung der klassischen Abfolge "Ehrenhof - Schloss - Parterre - Boskett" schuf er eine der interessantesten Schloss- und Gartenanlage im Rokokostil in Österreich.

Unter Auerspergs Nachfolger Franz Xaver Salm-Reifferscheidt-Krautheim verlor Pöckstein 1787 seine Funktion als Bischofssitz, da durch die josephinischen Kirchenreform der Bischofsitz in der Landeshauptstadt verlegt werden musste. Schloss und Garten in Pöckstein wurden danach von den Bischöfen kaum mehr genutzt und zunehmend vernachlässigt. Der Verfall wurde auch durch die spätere Einquartierung der bischöflichen Güterverwaltung, die bis 2012 in Pöckstein angesiedelt war, kaum aufgehalten. Im Jahr 2012 verkauft die Diözese Klagenfurt das sich in schlechtem Zustand befindliche Schloss und den vollkommen verwilderten Garten an einen privaten Immobilieninvestor.

 Die daraufhin gegründete Schloss Pöckstein Betriebs GmbH führte in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt umfangreiche Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Schloss durch und begann auch Pflegemaßnahmen im Park durchzuführen, um die Altbestände der Lindenalleen und Hainbuchen-Heckenquartiere zu erhalten. Gemeinsam mit diesem geben uns der ebenfalls noch erhaltene klassizistische Gartenpavillon und die hölzerne Kegelbahn mit ihrer Lattenwerk-Architekturmalerei einen Eindruck von der ehemaligen Gestaltung dieser bedeutenden Gartenanlage des späten Rokoko, die damit zumindest in ihrer pflanzlichen wie auch baulichen Grundstruktur bis heute erhalten geblieben ist.

 

Schloss und Garten sind in Privatbesitz und im Rahmen von Veranstaltungen und vereinbarten Führungen zugänglich.

 

Text: © Thomas Baumgartner

Photos: © Christian Hlavac 2002

 

 

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