Titelbild Österreichische Gesellschaft für historische Gärten
Zur Startseite der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten
Home Pfeil Historische Gärten unter Schutz Pfeil Salzburg: Mirabell

Salzburg: Mirabell

Die Gartenanlagen von Schloss Mirabell in der orographisch rechten Altstadt der Stadt Salzburg stellen die wohl bekannteste und meistbesuchte historische Gartenanlage des Landes Salzburgs dar. In zentralen Teilen in ihrer barocken Struktur enthalten, stellen sie auch eines der bedeutendsten Gartendenkmäler Salzburgs dar.

 

1606 ließ Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau für seine Gefährtin Salome Alt und sich sowie die 15 gemeinsamen Kinder das Schloss Altenau am rechten Salzachufer errichten. Zur Anlage gehörten auch mehrere Nutz- und Ziergärten. Sein Nachfolger Markus Sittikus von Hohenembs benannte das Schloss in "Mirabell" um. Sittikus´ Nachfolger Paris Graf Lodron ließ die Stadt während des 30-jährigen Krieges mit modernen Befestigungsanlagen umgeben, die auch die Anlage von Schloss Mirabell umfassten. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Gärten bereits weithin berühmt, darunter insbesondere der Pomeranzengarten. In dem sich entlang der Südseite des Schlosses erstreckenden, heute als Rosengarten gestalteten Gartenareal waren die Zitrusbäume in regelmäßigem Raster frei ausgepflanzt und wurden über Winter mit einer abbaubaren Holzkonstruktion, einem abschlagbaren Pomeranzenhaus, überbaut. Dieser Pomeranzengarten, zuletzt in einen Lorbeerbaumgarten umgewandelt, bestand einschließlich der auf- und abschlagbaren Überwinterungskonstruktion bis Ende des 18. Jahrhunderts, und stellt damit den am längsten existierenden im freien Grund stehenden Pomeranzengarten nördlich der Alpen dar. Über die vorbarocke Gestaltung der übrigen Gartenareale, die zum Großteil als Nutzgärten dienten, ist jedoch kaum etwas bekannt.

 

 

 

Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein dürfte bereits 1687, im Jahr seiner Amtseinführung, den Auftrag zur grundlegenden Umgestaltung der Gartenanlagen gegeben haben, die nun als barocker Lustgarten gestaltet werden sollten. In der Folge ergingen Aufträge für die Skulpturenausstattung des Gartens, darunter 1689 für die Statuen der antiken Göttinnen und Götter am Südende des großen Parterres und 1690 für die vier die Elemente verkörpernden Raptusgruppen um den Brunnen im Mittelteil des großen Parterres. Details zur Planung und Ausführung der barocken Umgestaltung sind nicht überliefert. Eine Beteiligung Johann Bernhard Fischers, dem auch die Entwürfe für Gartenbalustraden und Prunkvasen zugeschrieben werden, an der Planung wird vermutet. Der neugestaltete Garten gliedert sich in mehrere Teile. Südlich des Schlosses erstreckt sich im Anschluss an den Pomeranzengarten das große Parterre entlang der neugeschaffenen barocken Hauptachse, die auf den Dom und die Festung ausgerichtet ist. Das Zentrum des großen Parterres bildet das große oktogonale Brunnenbecken mit den umgebenden vier Raptusgruppen, an das sich beidseitig jeweils sechs mit Balustraden gefasste Broderiefelder anschlossen. Östlich der schlossseitigen sechs Broderiefelder und im Anschluss an die östliche Hälfte des Pomeranzengarten wurde ein durch eine Mauer abgetrennter Garten angelegt, an dessen Nord- und Ostseite Gebäudeflügel errichtet wurden, die der Unterbringung der beweglichen Orangeriepflanzen dienten. An diesen Garten schloss sich nach Süden ein Nutzgarten an. An der Westseite der großen Achse befindet sich die parallel verlaufende kleine Gartenachse mit dem der Westseite des Schlosses vorgelagerten kleinen Parterre, das nordseitig von einem Vogelhaus abgeschlossen wird. An das kleine Parterre schließt sich über die Länge des Hauptparterres eine mehrteilige Boskettzone an, an deren Westseite ein barockes Heckentheater angelegt wurde. Westlich des kleinen Parterres gelangte man über einen schmalen Gartenzwickel mit einem Rasenparterre zu einem heute nicht mehr bestehenden mit fünf Brunnenbecken geschmückten Rasenparterregarten. In diesem Parterre waren ursprünglich 28 ab 1691/92 angefertigte Zwergenfiguren aufgestellt, denen dieser Gartenteil, auf dem sich heute der Ausstellungspavillon befindet, den Namen "Zwergelgarten" verdankte. Er gilt als der erste Zwergengarten Europas. Auf dem nördlich des Zwergelgartens gelegenen Ravelin der Wasserbastei wurde ebenfalls ein kleiner Rasenparterregarten angelegt.

 

Der Nachfolger Ernsts von Thun und Hohenstein, Franz Anton Fürst Harrach war nicht weniger gestaltungsfreudig und berief nach seinem Amtsantritt 1709 Johann Lucas von Hildebrandt zur Umgestaltung des Schlosses, der um 1712/13 auch eine Sala terrena als Abschluss des schlossseitigen Endes der kleinen Gartenachse errichtete. Zwischen 1722 und 1727 baute Hildebrandt die beiden Orangerieflügel im Garten östlich des großen Parterres, der zum Orangeriegarten umgestaltet wurde, zu modernen barocken Glashäusern um.

 

1713-17 war der in Frankreich zum Gartenarchitekten ausgebildete bayrische Gärtner Matthias Diesel fürsterzbischöflicher Garteninspektor. Er veröffentlichte 1717-23 die ersten Ansichten des Gartens. Welchen Anteil er an der Gestaltung des Gartens hatte, ist jedoch nicht bekannt.

 

 

 

Nach Diesels Abgang an den Münchner Hof blieb der Garten einige Jahre ohne gärtnerische Fachbetreuung, bis 1724 Erzbischof Harrach Franz Anton Danreiter als neuen Garteninspektor berief. Sein Nachfolger Leopold Anton von Firmian ernannte ihn 1728 zum leitenden erzbischöflichen Garteninspektor. Danreiter veröffentlichte wie Diesel einige Ansichten und Pläne des Gartens, die den Zustand als auch seine Planungen illustrieren sollten. Letztere umfassten im Wesentlichen die Neugestaltung des großen Parterres und des Orangeriegartens. Die später umgesetzte Umplanung des großen Parterres beseitigte die Kompartimentierung der Broderiefelder und schuf durchgehende große Broderiefelder beidseitig des zentralen Brunnens. Die die einzelnen alten Broderiefelder umgebenden Balustraden wurden in die Außenseiten der neuen Broderiefelder begleitenden Balustraden umgewandelt.

 

Mit Ausnahme der Auflassung des abschlagbaren Pomeranzenhauses im späten 18. Jahrhundert blieben die Gartenstrukturen im Wesentlichen bis über die Säkularisierung des Salzburger Fürsterzbistums 1803 hinaus unverändert. Ab 1810 wurde Mirabell Residenz des bayrischen Kronprinzen. Der bedeutende Gartenarchitekt Friedrich Ludwig von Sckell war als Leiter der Münchner Hofgartenintendanz damit auch für Mirabell zuständig und wurde mit einer weitreichenden Umgestaltung der Gartenanlagen im landschaftlichen Stil beauftragt. Während die geometrische Gliederung des großen und kleinen Parterres beibehalten wurde, wurden der Bastions- und der Zwergengarten verlandschaftlicht und die Zwergenfiguren ab 1811 verkauft. Die ebenso geplante Umwandlung des Heckentheater wurde jedoch nicht umgesetzt.

 

Nachdem 1816 Salzburg endgültig Österreich zugeschlagen wurde, kam Mirabell wieder in österreichischen Besitz. Der Stadtbrand von 1818 zog auch Schloss- und Gartenareale schwer in Mitleidenschaft, in der Folge wurde die Sala terrena abgetragen und die Orangerie-Glashäuser verändert.

 

 

Nachdem bereits die westlichen Teilbereiche des Gartens zugänglich gemacht worden waren, wurde 1854 die gesamte Gartenanlage für das Publikum geöffnet. 1866 ging die Anlage in den Besitz der Stadtgemeinde Salzburg über. Die Befestigungsanlagen um Mirabell wurden abgetragen und auf dem Areal der nördlichen Bastion ein Kurhaus mit landschaftlichem Kurpark errichtet.

1893 wurde die große Gartenachse südseitig durch den Bau des Landestheaters und eines Hotels um 30 Meter verkürzt und im Jahr darauf eine Freitreppe als Verbindung zwischen dem kleinem Parterre und dem Kurpark errichtet.

1913 erfolgte die Aufstellung der barocken, von der Pferdeschwemme am Kapitelplatz stammenden Pegasusstatue im Brunnenbecken des kleinen Parterres.

1919 wurde die Wiederherstellung des Zwergengartens im Gemeinderat beschlossen und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts 15 Zwergenfiguren zurückgekauft, die im Bastionsgarten aufgestellt wurden, da am originalen Standort 1950 der Ausstellungspavillon errichtet worden war.

Seit 1947 dient Schloss Mirabell als Sitz des Bürgemeisters und der Stadtverwaltung. 1955 wurde auf dem Areal des vormaligen Pomeranzengartens ein Rosengarten angelegt. In den 1960er- und 1970er- Jahren wurden die Kompartimente der ehemaligen Broderien des großen und kleinen Parterres mit barockisierenden Elementen versehen.

1980 wurde die Orangerie generalsaniert und der Nordflügel als Wintergarten eingerichtet. Der Garten im Orangeriehof wurde nach Plänen Danreiters revitalisiert.

Zwischen 2000 und 2004 erfolgte die Revitalisierung der barocken Parterre-Kompartimentierungen um die den zentralen Brunnen des großen Parterres umgebenden Raptusgruppen nach einem Plan von 1771.

 

Als bekanntester und meistbesuchter Garten der Stadt ist der Mirabellgarten nicht nur touristischer Magnet und Aushängeschild Salzburgs, sondern stellt sowohl aufgrund seines Reichtums an barocken Gartenstrukturen als auch infolge derer weitgehenden Erhaltung das bedeutendste barocke Gartendenkmal des Landes Salzburgs und eine der wichtigsten barocken Gartenanlagen Österreichs dar. Bemerkenswert ist die Präsenz der wesentlichen barocken Gartenstrukturen auf relativ kleinem Raum, wie auch deren Einbettung in die Geländestrukturen und die topographische Gesamtsituation, wodurch auch für den Besucher eine exemplarisch vielfältige und abwechslungsreiche Gesamtanlage erlebbar wird. Von besonderer Wertigkeit sind auch die selten erhaltenen barocken Gartenattraktionen, wie das Gartentheater und das Vogelhaus. Trotz seiner heutigen rudimentären und dislozierten Aufstellung ist der Zwergengarten von österreichweiter Bedeutung als Beispiel einer sonst nahezu vollständig abgekommenen einst weit verbreiteten barocken Gartenmode. In seiner Vielfältigkeit und topographischen Einbettung ist der Mirabellgarten damit unter den barocken Gartenanlagen besonders bemerkenswert.

 

Der Mirabellgarten ist Eigentum der Stadtgemeinde Salzburg und mit Ausnahme des über Winter geschlossenen Heckentheaters ganzjährig bei freiem Eintritt zugänglich.

 

 

Text: © Thomas Baumgartner

Bilder: © Christian Hlavac (2), Wikimedia (1)

© 2010 Österreichische Gesellschaft für Historische Gärten
webdesign by onscreen