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Tirol: Innsbrucker Hofgarten

Tirol

Der Hofgarten in Innsbruck

 

Im Zentrum der Landeshauptstadt Innsbruck liegt nordwestlich der Hofburg der etwa 9,5 Hektar große Hofgarten. Mit seiner sich über 600 Jahre erstreckenden, wechselvollen Geschichte zählt der in seinem heutigen Erscheinungsbild auf die landschaftliche Umgestaltung im 19. Jahrhundert zurückgehende Hofgarten zu den bedeutendsten historischen Gärten Tirols. Herzog Leopold IV. hatte im Jahr 1401 den Ansitz der Familie von Starkenberg auf dem Areal der heutigen Hofburg erworben und vor 1406 zwei angrenzende Gärten angekauft. Sein Sohn Herzog Friedrich IV. erwarb 1412 weitere Grundstücke. Der Grundbesitz wurde durch dessen Sohn Siegmund des Münzreichen (1427-1496), der zugleich den mittelalterlichen Kernbau der heutigen Hofburg schuf, weiter vermehrt. Über die Ausgestaltung der Gärten an der Hofburg zu dieser Zeit ist jedoch nichts bekannt. Unter Kaiser Maximilian I. (1459-1519) waren die Gartenareale im Norden um einen Jagdgarten auf der Rennwiese, dem späteren "Hirschanger" erweitert worden; heute Teil des Villenviertels Saggen.

 

Maximilians Enkel Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) hatte die Hofburg weiter ausbauen lassen; über seine Gartenanlagen ist jedoch nichts überliefert. Gesichert ist aber, dass mit seinem zweitältesten Sohn Ferdinand die Gartenkunst der Renaissance auch in Innsbruck Einzug hielt. Erzherzog Ferdinand (1529-1595), der jüngere Bruder von Kaiser Maximilian II., war 1564 Landesfürst von Tirol geworden und drei Jahre später in Innsbruck eingezogen. Zuvor hatte er 20 Jahre als Statthalter Böhmens in Prag residiert und war durch die von seinem Vater neu angelegten Gärten an der Prager Burg mit der modernen Gartenkunst vertraut geworden. Zudem führten ihn Reisen zu seinen nach Mantua, Ferrara und Florenz verheirateten Schwestern und somit direkt in die Zentren der italienischen Renaissance. Der hochgebildete und kunstsinnige Ferdinand II. setzte seine Vorstellungen in seinem neuen Sitz Innsbruck um. Neben dem Ausbau der Ambraser Burg zu einer prächtigen Renaissanceanlage ließ er auch an der Hofburg zwischen 1564 und 1582 die bestehenden Gärten nach dem Vorbild der Prager Burggärten erweitern und neu gestalten. Sie umfassten insgesamt sechs Einzelgärten: den erzherzoglichen Lustgarten oder Rennplatzgarten, den Blumengarten der Erzherzogin, den Kammergarten, den Garten des großen und kleinen Ballspielhauses und den Tiergarten mit dem Fasangarten. Reichgestaltete Brunnenanlagen mit Wasserspielen fehlten ebenso wenig wie die Galerien von Fürsten- und Kaiserbildnissen aus 134 Terrakotta-Statuen, die der flämische Bildhauer Alexander Colin (1527/29-1612) gefertigt hatte. Laubengänge und Pavillons erlaubten schattige Spaziergänge. Mit dem mit "wunderlichen thaten" Ferdinands II. bemalten Gewölbe, in dem auch "vil pomeranzen, citroni und magarantenbaum [Granatapfelbäume] und dergleichen Frucht zu sehen", wie Hans Georg Ernstinger 1579 berichtet, existierte auch bereits eine frühe Orangerie. Um seinem Bruder entsprechen zu können, diente der Tiergarten nicht nur als Jagdgarten, sondern beherbergte - wie sonst nur das kaiserliche Schloss Ebersdorf bei Wien - auch eine Menagerie. Neben Bären, Straußen, Papageien und Affen beherbergte sie sogar Leoparden und Löwen. Das zugehörige Tierhaus trug demgemäß den Namen "Löwenhaus" und existiert, obwohl 1636 abgebrannt und mehrfach umgenutzt und umgebaut, bis heute als Restaurant "Löwenhaus" (Rennweg Nr. 5).

 

Auch ein weiterer Bau des Renaissancegartens hat, als spätere Brauerei und heutiges Privathaus ebenso stark verändert, überdauert. Am Rennweg Nr. 9 befindet sich das ehemalige "böhmische Lusthaus", das Ferdinand II. - als Reminiszenz an das Belvedere im Prager Burggarten- als Abschluss der Gartenanlage in dessen nördlichsten Teil, dem Fasangarten, bauen ließ. Damit hatten die Gartenanlagen des Hofgartens ihre prachtvollste Ausstattung und mit etwa 22 Hektar auch größte Ausdehnung erhalten. Deren Zentrum bildete das im Rennplatzgarten gelegene, von 1565 bis 1682 als hölzernen Fachwerkbau errichtete Schloss "Ruhelust". Unter Erzherzog Maximilian III. (1595-1618) erweitert, wurde es 1636 durch einen Brand schwer beschädigt, später wiederhergestellt und nach einem neuerlichen Brand 1728 schließlich abgebrochen. Als Neuheit in der Gartenkunst hatte Ferdinand 1583 für seine zweite Gemahlin Anna Caterina Gonzaga (1566-1621) noch einen der frühesten Irrgärten außerhalb Italiens anlegen lassen.

 

 

Auch nach dem Tod Ferdinands und Anna Caterinas wurden die Gärten weitgehend erhalten. So beschreibt sie etwa Martin Zeiller 1532 in seinem "Teutschem Reyßbuch". Er erwähnt als Teil der Gartenausstattung ein am Inn liegendes "schönes Schiff mit Kupffer bedeckt / darinn feine Stuben und Kammern", das vermutlich noch aus der Zeit Ferdinands II. stammte. Dieses in der Tradition der Lustschiffe der römischen Kaiserzeit stehende Wohn- und Festschiff zeigt wie kein anderes Gartenelement den Anspruch des Fürsten und ist aus keinem anderen zentraleuropäischen Renaissancegarten überliefert.

 

Doch bereits 1651 ließ Erzherzog Ferdinand Karl (1628-1662), der sich mehr für die italienische Oper interessierte, alle Gärten - außer dem Blumengarten - zu Wiesenflächen für die Futtergewinnung umwandeln und verpachten.

 

Mit dem Aussterben der jüngeren Tiroler Linie der Habsburger 1665 fiel Tirol an die kaiserliche Linie zurück und wurde nur mehr durch Gouverneure regiert; der noch unterhaltene Garten in der Folge als "Gouverneursgarten" bezeichnet. Mit dem 18. Jahrhundert vollzog sich eine schrittweise barocke Ausgestaltung der Gartenanlagen. So zeigt Franz Hieronymus Rindler in seiner zweiten Planansicht von Innsbruck 1723 bereits eine regelmäßige Gestaltung mit quadratischen Quartieren. Im um 1750 entstandenen "Plan de la Ville et des Environs d´Innsprug Capitale du Tyrol" ist der Hofgarten - bereits in seinen heutigen Dimensionen durch ein orthogonales Wegenetz erschlossen und in 24 quadratische Beetflächen eingeteilt -dargestellt. Im Mittelpunkt der Anlage ist ein quadratischer Bau zu sehen, bei dem es sich um den 1733 errichteten, heutigen Musikpavillon handelt. Auch der nordöstlich angrenzende Küchengarten, auf dem sich heute der Reservegarten der Bundesgärten befindet, ist bereits dargestellt.

 

Mit dem Umbau der Hofburg unter Maria Theresia wurde zwischen 1755/56 und 1775 der Hofgarten weiter barockisiert. Der 1776 entstandene Stadtplan von Matthias Perathoner zeigt den Garten nun in sechs große Heckenquartiere unterteilt. Der Pavillon ist von vier Rondeaus mit Springbrunnen umgeben. Im Nordteil des Gartens ist ein großes Hecken-Rondeau angelegt, dessen Mittelpunkt das 1631 von Caspar Gras (1585-1674) vollendete Reiterstandbild Leopolds V. bildet, welches 1893 mit den begleitenden allegorischen Bronzeskulpturen in Form des Leopoldbrunnen am Rennplatz vor der Hofburg neu aufgestellt wurde.

 

1793 wurde der Innsbrucker Hofgarten für die Bevölkerung geöffnet. Privater habsburgischer Bereich blieb der Kammergarten an der Westseite des Hofgartens. Erzherzogin Maria Elisabeth (1743-1808), die 1780 Äbtissin des von ihrer Mutter Maria Theresia gegründeten Adeligen Damenstifts in Innsbruck geworden war, hatte sich dort eine Schäferidylle mit einem Sommerhaus, einer Meiereistall, einer Sennerei und einem Waschhaus im Sinne der zeitgenössischen Rousseau?schen Naturromantik gestalten lassen.

 

In der Folge der Napoleonische Kriege und der Abtretung Tirols an Bayern 1805 zog die englische Landschaftsgartenkunst zögerlich in Innsbruck ein. 1810 beauftragte der bayrische Kronprinz und spätere König Ludwig I. den Münchner Hofgartenintendanten Friedrich Ludwig von Sckell (1750-1823) mit der Planung der Umgestaltung des Innsbrucker Hofgartens. Sckell skizzierte einen Entwurf für eine großzügige englische Anlage, die nicht nur den eigentlichen Hofgarten, sondern auch die verpachteten ehemaligen Hofgartenbereiche des Hirschangers und des Fasangartens und den am Inn gelegenen sogenannten Schießanger nördlich der Hofburg umfasste, und damit wieder die Ausmaße der Ferdinandeischen Gartenanlagen des 16. Jahrhunderts erreicht hätte. Zusätzlich sollte ein weiterer Küchengarten mit einem großen Glashaus im Bereich des südöstlich an den Hofgarten angrenzenden "Regelhausgartens" geschaffen werden. Von den Plänen Sckells wurde jedoch nur ein marginaler Teil ausgeführt.

 

Bis 1813 war lediglich der Schießanger am Inn in die heute auch noch so genannte Englische Anlage umgestaltet worden. Der neue Küchengarten war anstelle des Regelhausgartens angelegt worden, das Glashaus aber in einem nördlich daran anschließenden, ebenfalls zum Nutzgarten umgewandelten Teil des Hofgartens errichtet worden. Dort wurde 1811 auch eine Restauration eingerichtet, an deren Stelle sich heute das Hofgartencafé befindet. Der restliche Hofgarten blieb in seiner barocken Einteilung bestehen.

 

Weitere Umsetzungen der Planungen Sckells unterblieben. Mit dem Wiener Kongress von 1814/15 fiel Tirol wieder an Österreich, und erst in den späten 1820er-Jahren trug man sich wieder mit dem Gedanken einer Neugestaltung des Hofgartens. Ein 1828 eingeholter Entwurf von Sckells Neffen und Nachfolger Carl August Sckell (1793-1840) wurde aber ebenfalls nicht umgesetzt. Stattdessen wurden bis 1839 unter Beibehaltung der barocken Einteilung und Wegeführung die dadurch gebildeten Gartengevierte landschaftlich umgestaltet, wobei nur eine sehr kleinteilige Gestaltung erfolgen konnte. In den Folgejahren erweiterte man auch den Gouverneurs- oder Kammergarten gestaltete ihn landschaftlich um. Er wurde nun auch als Kleiner Hofgarten bezeichnet und blieb - wie der Große Hofgarten vollständig durch eine Mauer umgeben - von diesem getrennt und dem Hof vorbehalten. 1842/43 wurde an der Mauer zum Großen Hofgarten das klassizistische "Teehaus" errichtet. 1842 war der heutige Rennweg als neuer Straßenzug angelegt worden. Nach Errichtung des k.k. Nationaltheaters (des heutigen Landestheaters) 1844 bis 1846 wurde auch der zwischen diesem und dem Hofgarten liegende Geländestreifen landschaftlich gestaltet.

 

1857 bis 1858 erfolgte sdie zweite landschaftliche Umgestaltung des Großen und Kleinen Hofgartens. Die barocke Quartierseinteilung und Wegeführung wurden zugunsten der schon von den Sckells geplanten geschwungenen Wegeführung aufgegeben, wodurch auch die Anlage großzügigerer Wiesenflächen und Gehölzgruppen möglich wurde. Nur der Küchengarten mit der Restauration blieb in der bisherigen Gestaltung bestehen. Am Nordende des Kleinen Hofgartens wurde ein weiteres Glashaus errichtet, in dem ab 1860 auch Pflanzenausstellungen stattfanden.

 

1918 ging der zum Ärar gehörende kaiserliche Garten in den Besitz der Republik über. Er wird seitdem von den Österreichischen Bundesgärten verwaltet. Nun wurde auch der Kleine Hofgarten geöffnet. Im Großen Hofgarten wurde der südöstliche Küchengarten ebenfalls landschaftlich umgestaltet und gestalterisch integriert. Das Glashaus brach man an ab und errichtete 1924 anstelle der Restauration das heutige, von Clemens Holzmeister (1886-1983) geplante Hofgartencafé.

 

1938 wurde die südlichen und die westlichen entlang des Rennwegs verlaufenden Umfassungsmauern der beiden Hofgärten abgebrochen und damit der südliche Vorbereich des Kleinen Hofgartens in diesen integriert. Die Trennmauer zwischen Großem und Kleinem Hofgarten - blieb bis heute - bestehen.

 

1951 wurde das kriegsbeschädigte Teehaus im Kleinen Hofgarten nach Plänen von Otto Mayr umgebaut. Es dient seither als Sitz und Ausstellungsraum der 1946 gegründeten Tiroler Künstlerschaft.

 

Das Glashaus am Ende des Kleinen Hofgartens wurde 1961-63 durch einen Neubau, das sogenannte Palmenhaus, ersetzt.

 

Im südwestlichen Eingangsbereich des Hofgartens wurde 1992 in der Nähe des Musikpavillons ein Teich angelegt. 1996-1999 errichtete man auf dem Areal des ehemaligen Regelhausgartens den Neubau der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck, der den Hofgarten heute südlich begrenzt.

 

Die Gartenstrukturen des Großen und Kleinen Hofgartens waren im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend weniger lesbar geworden. Der Aufwuchs der Gehölze führte zum Zuwachsen der Sichtachsen und die Neupflanzungen von Koniferen und anderen Gehölzen verunklärten die landschaftliche Gestaltung des 19. Jahrhunderts.

 

Ab 1993 wurde daher von den Bundesgärten in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt mit gartendenkmalpflegerischen Revitalisierungen begonnen, die 1999 durch ein von Cordula Loidl-Reisch erstelltes Parkpflegewerk unterstützt wurden. Bis 2004 wurden 150 im 20. Jahrhundert gepflanzte Bäume gefällt, um historische Wiesenflächen und Sichtachsen wieder herzustellen und die Einzelbäume und Pflanzgruppen des erhaltenen Bestandes mit den für das 19. Jahrhundert typischen Zierformen und exotischen Gehölzen freizustellen. Parallel zu den gartendenkmalpflegerischen Revitalisierungen wurde ab 1994 der Großteil der Gartenbauten und Gartenmauern sowie Tore durch die Burghauptmannschaft saniert.

 

So ist der seit 2001 unter Denkmalschutz stehende Innsbrucker Hofgarten heute wieder weitgehend in seiner landschaftlichen Gestaltung aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - mit dem barocken Pavillon im Zentrum - als eines der bedeutendsten Gartendenkmale Tirols erlebbar.

 

 

Der Hofgarten Innsbruck befindet sich im Eigentum der Republik Österreich und wird von den Österreichischen Bundesgärten und von der Burghauptmannschaft Österreich verwaltet. Er ist ganzjährig bei freiem Eintritt zugänglich. Das Palmenhaus ist ganzjährig gegen Eintritt zugänglich.

 

Quellen:

Monika Frenzel: Historische Gartenanlagen und Gartenpavillons in Tirol. Dissertation 1978

Monika Frenzel: Gartenkunst in Tirol - von der Renaissance bis heute. 1998

 

Text: Thomas Baumgartner

Photos: © Christian Hlavac 2019

 

 

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